Gesundheit

Tumor entfernt, Schwimmen verlernt? Das sagt der Neurologe

Xenia Prinzessin von Sachsen hat in ihrem jungen Leben bereits viel durchgemacht. Als sie 21 Jahre alt war, wurde ihr ein Knochentumor am Schädel entfernt. Mit einer überraschenden Nebenwirkung: Die Prinzessin hat nach eigenen Angaben Schwimmen verlernt. Die medizinischen Hintergründe.

Xenia Prinzessin von Sachsen (37) hat eine lange, sehr schwere Krankheitsgeschichte hinter sich. Wie der Reality-Star selbst bekannt gab, kam sie als Frühchen nach nur sechs Monaten zur Welt, ist seitdem auf einem Auge nahezu blind und auf einem Ohr taub. Im Alter von zehn Jahren wurde dann ein Knochentumor am Schädel festgestellt. Zwar wurde ihr dieser im Alter von 21 Jahren entfernt, allerdings hatte die „schwere Kopf-OP“ eine Nebenwirkung: „Danach konnte ich mich ans Schwimmen nicht mehr erinnern“, berichtet sie in einer aktuellen RTL-2-Sendung.

Ist das möglich? Und wenn ja, was genau passiert dabei in unserem Gehirn?

Schwimmen verlernt durch Tumor-Entfernung? Das sagt der Neurologe

Für eine konkrete Diagnose und Einordnung zum Fall der Prinzessin seien zu wenige Details bekannt ist, sagt der Neurologe Wolfgang Wick, Ärztlicher Direktor am Universitätsklinikum Heidelberg sowie Experte der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN). Grundsätzlich sei es jedoch „sehr selten“, dass bei einem Knochentumor am Schädel auch das Gehirn betroffen sei.

Allerdings: „Auf die Frage, ob man durch einen Hirntumor oder einer Operation am Gehirn möglicherweise neurologische Funktionen verlieren kann, ist die Antwort ganz klar ja!“

Ein potentieller Funktionsausfall trete auf, wenn (etwa durch eine OP)

  • eine Irritation,
  • eine Verletzung oder
  • eine Minderdurchblutung

des umliegenden Gewebes stattfinde. Diese „lokale Raumforderungswirkung auf das Gewebe“ werde auch bei anderen Kopfverletzungen, etwa Schlaganfall oder Hirnblutung, beobachtet, so der Experte.

Sprech-, Rechen- oder Lesefähigkeiten können verloren gehen

„Und je nachdem welcher Bereich im Gehirn betroffen ist, können dann bestimmte Fähigkeiten verloren gehen.“ Als Beispiele nennt er Sprechen, Rechnen, Lesen, aber auch Abstraktionsvermögen, Fähigkeit zum kritischen Denken, Einspeicherung ins Gedächtnis oder Orientierung – „all das kann verloren gehen“, so Wick. „In der Regel jedoch nicht durch die OP, sondern durch die Erkrankung selbst.“

Eine verlorengegangene Schwimm-Fähigkeit wie im Fall der Prinzessin hält der DGN-Experte für „sehr, sehr, sehr ungewöhnlich“. Also wenn es sich um eine „isoliert verlorengegangene Schwimm-Fähigkeit handelt – im Sinne einer durch eine linkshirnige Schädigung ausgelösten beide Körperseiten betreffenden Apraxie ohne weitere Verluste von Bewegungsprogrammen“. Apraxie bezeichnet die Unfähigkeit, gezielte Bewegungen und Handlungen auszuführen.

Dass jemand „ganz ausgestanzt ein motorisches Programm verliert, das ja auch in andere motorische Programme eingebunden ist, halte ich für unwahrscheinlich“. Ausschließen will es der Experte jedoch nicht. „Es könnte sein, dass eine gewisse motorische Funktion weg ist, die für das Schwimmen essentiell ist, aber beim Laufen oder Fahrradfahren kompensiert werden kann“, sagt er. „Und zweiter Punkt: Wenn jemand eine Einschränkung über einen gewissen Zeitraum hatte, ist dieses Thema möglicherweise auch Angst-besetzt.“

So können Fähigkeiten wiedererlangt werden – diese 3 Punkte sind entscheidend

Die gute Nachricht ist, die Fähigkeiten sind in vielen Fällen nicht für immer verloren. Sie können einerseits von allein zurückkommen. „Nämlich dann, wenn durch die Operation nicht das Hauptgebiet einer Fähigkeit zerstört wurde, sondern unterstützende Gebiete“, erklärt Wick. Das sei insbesondere bei motorischen Fähigkeiten häufig der Fall. Man spreche dann von spontan-reversiblen Fällen.

Andererseits könnten Fähigkeiten auch wieder erlernt werden, Stichwort Reha. „Durch Training der noch funktionierenden Bereiche und vor allem durch Funktionsübernahme in den angrenzenden Bereichen, werden die Fähigkeiten so wieder erlangt“, erklärt er. Betroffene bräuchten hier oftmals Geduld. Eine Reha dauere in der Regel mehrere Wochen mit anschließendem mehrmonatigem ambulanten Training. „Es kann bis zu einem oder sogar zwei Jahre dauern, bis ein gutes Alltagsniveau erreicht ist“, sagt er.

Ob die Fähigkeiten wieder erlangt werden, hänge dabei vor allem von drei Punkten ab, so Wick:

  • Gesundheitszustand: „Wer noch relativ fit ist, vor allem geistig, hat ein größeres Potential für einen Erfolg.“
  • Krankheitsschwere: Wurde das Hirngewebe zerstört (meist bei Schlaganfall oder Unfall) oder „nur“ gedrückt oder gedrängt (meist bei Hirnblutung oder Tumorerkrankung). „Je weniger beschädigt bzw. zerstört, desto größer die Chancen, die Fähigkeiten wieder zu erlangen.“
  • Reha-Methode: „Reha ist nicht gleich Reha. Wir empfehlen bei neurologischen Erkrankungen auch eine fachspezifische, sogenannte Neuro-Reha.“

Auch Prinzessin Xenia von Sachsen will nun daran arbeiten, verlorene Fähigkeiten wieder zu erlangen: Im TV verriet sie, dass sie einen Schwimmkurs besuchen und wieder schwimmen lernen wolle.

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