Coronaimpfung in Markkleeberg, Sachsen
Wer sich dreimal gegen Corona impfen lässt, ist zunächst sehr effektiv davor geschützt, schwer an Covid-19 zu erkranken. Allerdings lässt diese Immunität wohl schon nach drei Monaten nach, wie eine Studie im Fachblatt »The Lancet Respiratory Medicine« nahelegt. Die vom Pharmakonzern Pfizer finanzierte Arbeit untersuchte die Effektivität der Pfizer/Biontech-Impfung gegen die Delta- und Omikron-Variante in Südkalifornien.
Das Forschungsteam analysierte die Daten von 11.123 Besuchen in der Notaufnahme sowie Krankenhauseinweisungen wegen einer akuten Atemwegsinfektion zwischen Anfang Dezember 2021 und Anfang Februar 2022, bei denen entweder ein positiver Sars-CoV-2-Test vorlag oder eine Coronainfektion per Test ausgeschlossen wurde. Sämtliche Daten stammten also von Patientinnen und Patienten, die innerhalb des Studienzeitraums eine Klinik aufsuchten.
Im Falle einer Coronainfektion unterschieden sie zwischen Omikron- und Delta-Variante, zum Teil aufgrund genauer Virusanalysen, zum Teil schlicht aufgrund des Zeitpunkts der Infektion, weil auch in den USA Omikron schnell Delta ablöste. Zu 2838 Fällen von Delta-Infektionen kamen 4523 Omikron-Infektionen, die restlichen 3762 Fälle waren Patientinnen und Patienten mit einem akuten Atemwegsinfekt, der nachweislich nicht durch Corona verursacht worden war. 5165 waren nicht gegen Covid-19 geimpft, 3981 waren doppelt, 1977 dreifach geimpft.
Die Ergebnisse bestätigten zunächst, was schon vorher bekannt war: dass die dritte Impfung den Schutz erhöht und dass die Impfungen vor Delta zuverlässiger schützen als vor Omikron. Außerdem zeigten sie, dass sich der Schutz nach drei Monaten abschwächt, wobei die Datenmenge hier so gering ist, dass die Forschenden selbst mehrmals in der Studie darauf hinweisen.
In den ersten drei Monaten nach der Drittimpfung lag demnach der Schutz vor einer Klinikeinweisung wegen einer Delta-Infektion im Bereich von 83 bis 93 Prozent, nach diesen drei Monaten betrug die Effektivität nur noch 40 bis 86 Prozent. Gegen Omikron war der Schutz in den ersten drei Monaten mit 80 bis 89 Prozent ähnlich hoch, sank dann anschließend auf 28 bis 71 Prozent.
»Covid-19-Auffrischimpfungen mit Pfizer/Biontech verbessern den Schutz gegen Omikron signifikant, obwohl dieser Schutz nach drei Monaten gegen Besuche in der Notaufnahme und sogar gegen Krankenhausaufenthalte nachzulassen scheint«, sagt die Hauptautorin der Studie, die Epidemiologin Sara Tartof vom Gesundheitskonsortium Kaiser Permanente, laut Mitteilung.
In der – wie eingangs erwähnt vom Hersteller finanzierten Studie – schreibt das Team, dass zwar mehr Daten nötig seien, um herauszufinden, wie groß dieser Effekt nun tatsächlich sei, aber das Ergebnis nahelege, dass weitere Impfdosen in Zukunft nötig sein könnten.
Einige Informationen kann die Studie nicht liefern, die das Ergebnis allerdings verzerren könnten. Zwei Punkte: Zum einen waren vorherige Coronainfektionen der Teilnehmenden nur bekannt, wenn sie sich bei dem Klinikbetreiber testen ließen. Zum anderen haben die Forschenden zwar nur Fälle analysiert, in denen Menschen wegen eines akuten Atemwegsinfekts ein Krankenhaus aufsuchten, aber es ist trotzdem denkbar, dass einige Fälle nicht wegen, sondern nur mit einer Coronainfektion im Krankenhaus waren.
Zweiter Booster erst einmal nur ab 70 und bei bestimmten Krankheiten
In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission einen zweiten Booster derzeit für Menschen ab 70 Jahren und Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich kürzlich in Brüssel für eine vierte Impfung für alle ab 60 Jahren eingesetzt. Die EU-Arzneimittelbehörde Ema hatte Anfang April erklärt, eine vierte Dosis für alle Bürger sei derzeit nicht notwendig. Sie könne aber für Menschen ab 80 Jahren sinnvoll sein angesichts des höheren Risikos einer schweren Covid-19-Erkrankung.
Dass dagegen junge, gesunde Menschen noch keine zweite Boosterimpfung benötigten, bestätigten Fachleute jüngst in einer Videoschalte: Das Abfallen der Antikörperspiegel nach einer Infektion oder Impfung sei »ein ganz normaler Vorgang«, sagte der wissenschaftliche Direktor des Deutschen Rheuma-Forschungszentrums Berlin, Andreas Radbruch. Es sei dann zwar weniger Masse vorhanden, aber die Qualität der Antikörper nehme zu – »und zwar ganz drastisch«. Dieser sehr wichtige Prozess, die sogenannte Affinitätsreifung, dauere etwa ein halbes Jahr und könne nicht abgekürzt werden: Wer nun einen zweiten Booster in Erwägung ziehe, könne vor diesem Hintergrund »gut warten bis zum Herbst«, um diesen Prozess nicht zu unterbrechen. Für Menschen mit einem durch das Alter oder Krankheit geschwächten Immunsystem sei dagegen eine vierte Impfung jetzt schon empfehlenswert, weil sie oft erst nach der dritten oder gar vierten Impfung einen ähnlichen Immunschutz aufbauen wie Gesunde nach der zweiten Impfung.
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